Liebe Leserinnen und Leser,
zu Beginn möchte ich von einem kleinen Verfahren aus der zivilrechtlichen Praxis berichten.
Meinen Mandanten ist etwas passiert, was sicherlich einige von Ihnen kennen werden: ihr Flug in den Urlaub hat sich verspätet, und zwar ganz erheblich verspätet. Eigentlich wollten die Mandanten eines schönen Abends gegen 22 Uhr von Frankfurt nach Rio de Janeiro fliegen. Daraus wurde aber nichts, denn es war irgendwas mit dem Flugzeug. Die Lufthansa spendierte ein Hotelzimmer am Flughafen und einen Gutschein, der für ein Abendessen vom Buffet reichte, über das meine Mandanten wenig Gutes zu berichten wussten. Aber sie mussten nicht hungern und hatten ein Dach über dem Kopf, also gab es hier keinen Grund, rechtliche Maßnahmen zu ergreifen.
Ärgerlicher war schon, dass der Flug dann erst am nächsten Morgen ging und die Mandanten mit über 10 Stunden Verspätung in Rio ankamen. Und für diesen Fall gibt es eine ganz praktische Handhabe, nämlich die Entschädigung nach der FluggastrechteVO.
Die Regelungen hierzu sind recht klar: abhängig von der Entfernung, die man mit dem Flugzeug überwinden will, gibt es verschieden gestaffelte pauschale Entschädigungen, wenn der Flug drei Stunden oder mehr verspätet ist. Eine solche Entschädigung ist nur dann nicht geschuldet, wenn die Verspätung auf außergewöhnlichen Umständen beruht, die sich bei aller Sorgfalt nicht vermeiden lassen. Dass das der Fall ist, muss – wenn es zum Streit vor Gericht kommt – das Luftfahrtunternehmen beweisen, das Sie eigentlich pünktlich befördern sollte.
Die Mandanten sind vernünftige Leute, also sind sie keineswegs gleich zum Anwalt gerannt, sondern haben sich nach ihrem Urlaub per E-Mail an die Lufthansa gewandt und um Zahlung der Entschädigung gebeten. Schließlich steht ja alles im Gesetz! Die Lufthansa meinte allerdings ohne jede nähere Erläuterung, es habe ein unvorhersehbarer technischer Defekt vorgelegen, und lehnte eine Zahlung ab. Jetzt war dann doch ein Anwalt erforderlich. Das sodann folgende anwaltliche Schreiben würdigte die Lufthansa aber lediglich mit Schweigen.
Also habe ich Klage beim Amtsgericht Frankfurt am Main erhoben, denn das Gericht des Abflugortes ist nach der Rechtsprechung des BGH das zuständige Gericht. Wegen der großen Entfernung nach Rio und der deutlichen Verspätung war die Maximalentschädigung von EUR 600,- pro Nase fällig. Diese fällt nämlich nach § 7 der FluggastrechteVO – grundsätzlich – bei Flügen über mehr als 3.500 km an, wenn sie mindestens drei Stunden verspätet sind.
Details
Das hat dann auch die Lufthansa überzeugt – wenige Wochen nach Zustellung der Klageschrift zahlte sie die EUR 600,- pro Person und erklärte den Rechtsstreit für erledigt. Hierbei übernahm sie sämtliche Kosten des Verfahrens. Die Mühe, den behaupteten technischen Defekt und dessen Unvorhersehbarkeit vor Gericht näher zu erläutern, machte sie sich gar nicht mehr.
Es wäre auch einfacher gegangen! Allerdings bleibt ein gewisser Argwohn, dass die Airlines auch berechtigte Ansprüche gerne erst einmal ablehnen, nach dem Motto: es werden schon nicht alle klagen.
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